Vor 50 Jahren: US-Luftwaffe verliert vier Atombomben über Spanien und verstrahlt ganze Region

Bei einem Zusammenstoß über Spanien fielen vor 50 Jahren vier Atombomben aus der verunglückten B52. Bis heute ist die Gegend um Palomare in Spanien verseucht. Das Land entging haarscharf einer Superkatastrophe.
Am Morgen des 17. Januar 1966 überflog ein B-52-Bomber der US-Luftwaffe in geheimer Mission Spanien. Die Welt befand sich mitten im Kalten Krieg und in Spanien herrschte der Diktator Franco. Bei einem Tankmanöver kam es zum schlimmsten anzunehmenden Unfall. Der riesige Bomber stieß bei einem Tankmanöver mit dem Stratotanker zusammen, an dessen Rüssel die Maschine hing. Sieben Besatzungsmitglieder aus den beiden Maschinen starben.

An Bord der B-52 befand sich jedoch eine Last, die schwerer wiegt als einige Menschenleben. Vier B28-Wasserstoffbomben fielen bei dem Zusammenstoß aus dem Bomber und krachten auf den Ort Palomares, an der spanischen Mittelmeerküste.

“Nur ein glücklicher Umstand bewahrte die die spanische Bevölkerung in der Region vor einer Katastrophe“, kommentierte später ein sowjetischer Offizier. Aber der konventionelle Sprengstoff in zwei der H-Bomben detonierte. Die Explosion verbreitete Atomstaub in der Gegend. Das in den Bomben enthaltene Plutonium verwandelte sie in „schmutzige Bomben“.

Hunderte amerikanische Soldaten, die am Unfallort eingesetzt waren, setzten sich der Strahlung aus. Sie konnten nur drei Bomben wiederfinden. Als die Suche auf dem Land keine Ergebnisse brachte, begannen die Militärs im Mittelmeer weiterzusuchen. Es startete die größte Unterwasser-Suche zu diesem Zeitpunkt. Gleichzeitig tauchten sowjetische U-Boote und Kriegsschiffe in der Region auf. Die Amerikaner fürchteten, dass die sowjetische Marine die wertvolle Bombe schneller findet.

Bis heute, ein halbes Jahrhundert später, handelt es sich beim Absturzgebiet um ein militärisches Sperrgebiet. Der Boden ist immer noch verstrahlt. Inzwischen gaben Regierung und Militär hunderte von Millionen Dollar für die Reinigung der Böden aus. In Spanien und selbst in Palomares erinnert sich heute kaum noch jemand an den Unfall. Am Strand tummeln sich die Badegäste.

Die Bomber überflogen Spanien im Rahmen der geheimen Operation Chrome. Es handelte sich um eine von mehreren Operationen des Strategic Air Command der United States Air Force. Damit sollte eine 24stündige Bereitschaft der US-Atomwaffen in Europa garantiert werden. Es flogen rund um die Uhr bis zu zwölf B52-Bomber auf festgelegten Routen über Westeuropa. Die Maschinen wurden in der Luft betankt, damit sie durchgängig in der Luft bleiben konnten. Durch dieses System befanden sich mehrere Bomber stets in der Nähe des sowjetischem Territoriums.

Der Absturz in Palomares sowie ein Unfall zwei Jahre später über Grönland, bei dem ebenfalls erhebliche Mengen an radioaktiven Substanzen freigesetzt wurden, führte dazu, dass die wurden die Operationen Operation Chrome schließlich eingestellt wurde. Die Amerikaner setzten zukünftig stärker auf Interkontinentalraketen.

Der später über Spanien abgestürzte Flieger kam aus dem amerikanischen North Carolina nach Spanien, an Bord befanden sich vier Atombomben mit der 70fachen Sprengkraft der Hiroshima-Bombe. Kurz vor dem Tankmanöver stellte der Pilot fest, dass seine Maschine viel zu niedrig flog. Der Versuch, die Höhe schnell zu korrigieren, führte vermutlich zu dem Zusammenstoß.

„Um 9 Uhr 22 sahen wir Feuerbälle und den mittleren Teil einer Tragfläche“, hieß es in einem Bericht von Piloten, die den Unfall aus unmittelbarer Nähe beobachteten. Insgesamt befanden sich elf Soldaten am Bord der beteiligten Maschinen, vier davon konnten sich retten und landeten im Mittelmeer. Spanische Fischer griffen sie auf. Die Trümmerteile der Maschinen regneten über der gesamten Region nieder.

Unmittelbar darauf wies Präsident Lyndon B. Johnson seine Truppen an, “alles zu unternehmen, um die Bomben sofort sicherzustellen.” Als die Soldaten eintrafen, hatten spanische Militärs bereits den Aufschlagspunkt der ersten Bombe markiert. Sie war voll funktionsfähig am Strand aufgeschlagen. Die nächste Bombe entdeckten die Soldaten erst am nächsten Morgen, “massiv durch den Aufschlag beschädtigt”. Ein Teil der konventionellen Sprengladung war explodiert.

“Die größte Sorge betraf die Plutoniumverstrahlung”, hieß es später in einem Bericht: “Sofortige Messungen ergaben einen signifikant höheren Strahlenwert in der Gegend.” Nur Stunden später fand das Rettungsteam die dritte Bombe. Sie befand sich im selben Zustand wie das zweite Geschoss. Auch in ihrem Umfeld war die Gegend stark verstrahlt. Als die vierte Bombe nicht gefunden werden konnte, zog die US-Army bis zu 600 Mann zusammen. Ein Zeuge berichtete, er hätte etwas mit einem Fallschirm über dem Meer niedergehen sehen.

Nun startete die größte Suchaktion, die es im Meer bis dahin gegeben hatte. Beteilligt waren über 100 Taucher, Minensuchschiffe sowie normale und spezielle Tiefwasser-U-Boote. Schließlich vergingen Monate bis die Navy die Bombe mehr als fünf Meilen vom Absturzort entfernt fand. Im April 1966 wurde sie aus großer Tiefe geborgen.

Zu diesem Zeitpunkt hatten Atomphysiker bereits starke Strahlenbelastungen in der Region festgestellt, im Meer wie auch auf dem Land. Das Militär begann die Böden in der Gegend abzutragen. Die einheimischen Bauern erhielten eine finanzielle Entschädigung. Tonnenweise Pflanzen und Böden wurden abtransportiert. Über 5.000 Fässer füllten die eingesetzten Soldaten mit verseuchtem Bodenmaterial.

Laut einem von Wikileaks veröffentlichten diplomatischen Bericht zahlten die USA bis 2006 etwa 12 Millionen US-Dollar an Spanien, damit die Strahlenwerte weiter kontrolliert und die lokale Bevölkerung geschützt wird. In diesem Bericht kommen die Diplomaten auch zu dem Ergebnis, dass die Verstrahlung sehr viel schwerwiegender ausfiel, als zunächst behauptet. Noch Jahre später bezeichnete die damalige Außenministerin der USA, Hillary Clinton, Palomares als einen „lang andauernden, offenen Fall“.

Foto: Reuters, Eine bewaffnete B52 startet von Stützpunkt der britischen Royal Air Force in Fairford, England, März 2003.

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