Syrien-Konflikt: Assads Erfolge mehren Kritik an Russland

Die Situation in Syrien spannt sich weiter an, schreibt die Zeitung "Kommersant" am Montag, den 08.02. Die jüngste Gesprächsrunde zwischen Vertretern des Präsidenten Baschar al-Assad und seinen Gegnern in Genf ist gescheitert, und die Regierungstruppen weiten mithilfe der russischen Luftwaffe ihre Offensive aus.

Inzwischen dringen sie in Richtung Aleppo, der zweitgrößten Stadt Syriens, vor.

Gleichzeitig ist offenbar eine neue Flüchtlingswelle ausgebrochen: Zehntausende Zivilisten haben sich aus Aleppo in Richtung der Grenze zur Türkei aufgemacht.

Vor diesem Hintergrund spannt sich auch die internationale Debatte darüber an, gegen welche Ziele das russische Militär in Syrien kämpft. „Das Ziel der russischen Luft- und Weltraumtruppen in Syrien ist und bleibt der Kampf gegen terroristische Gruppierungen“, sagte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa. „Wie die jüngsten Berichte über die Kriegshandlungen zeigen, tragen die Schläge der russischen Luftwaffe zu einer effektiven Lösung dieser Aufgabe bei.“

Russlands Ständiger Vertreter bei der Uno in Genf, Alexej Borodawkin, erläuterte, dass die russischen Luftstreitkräfte in Aleppo gegen die al-Nusra-Front (eine Filiale der al-Qaida) kämpfen, die nach Einschätzung des UN-Sicherheitsrates eine Terrororganisation ist.

Der Westen akzeptiert Moskaus Version allerdings nicht. Dort behauptet man, Russland würde unter dem Vorwand der Terrorbekämpfung gegen den Teil der syrischen Opposition vorgehen, der von den USA und deren regionalen Verbündeten unterstützt wird.

Jüngst kam es sogar zu einem verbalen Gefecht zwischen den Ständigen Vertretern Russlands und Frankreichs bei der Uno, Vitali Tschurkin und Francois Delattre. Der Franzose sagte in einem Kommentar zu den Aussagen des UN-Beauftragten für Syrien, Staffan de Mistura, über die Ursachen des Scheiterns der Genfer Gespräche: „Das syrische Regime behauptet, seine Vertreter würden nach Genf kommen, um über den Frieden zu verhandeln, greift aber gleichzeitig die Oppositionsgruppierungen an, mit denen ein Dialog geführt werden sollte, und setzt Aleppo Artillerieangriffen aus.“ Zugleich warf er Russland die Unterstützung dieser Militärkampagne vor.

Tschurkin erwiderte, Moskau könne die Kampagne in Syrien nicht einseitig stoppen, solange die Koalition mit den USA an der Spitze die Gruppierungen unterstütze, die gegen die syrischen Regierungstruppen kämpfen. Dabei forderte er seinen französischen Kollegen auf, de Mistura nicht die Behauptung zuzuschreiben, die Genfer Gespräche wären wegen Russlands Vorgehen gescheitert.

Der Druck auf Moskau wird aber immer größer. Der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, Russlands Handlungen in Syrien würden zur Konfliktregelung nicht gerade beitragen. Der Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest, warnte, dass „die schreckliche humanitäre Situation in Syrien noch schlimmer werden könnte. Dass die Russen das Assad-Regime unterstützen, hindert unsere Bemühungen um eine politische Transformation, die die Russen für nötig halten. Das ist tragisch.“

Mittlerweile erwägen die Türkei und Saudi-Arabien die Entsendung von Truppen nach Syrien. „Wir haben keine Hoffnung mehr auf die russisch-amerikanischen Verhandlungen über Syrien“, sagte der türkische Premier Ahmet Davutoglu. „Nach jedem Treffen geht Russland immer aggressiver vor. Wir rufen die USA auf, eine entschlossenere Position einzunehmen.“

Die vom „Kommersant“ befragten Experten halten Moskaus Handlungen in Syrien für „ein starkes Argument“, warnen jedoch vor möglichen negativen Gegeneffekten. „Der Wandel zugunsten Damaskus‘ bedeutet für Moskau nicht nur neue Trümpfe bei den künftigen Syrien-Gesprächen, sondern auch zusätzliche Probleme“, meint der Direktor des Russischen Rates für internationale Angelegenheiten, Andrej Kortunow.

Nach seiner Meinung könnte Assad nach den jüngsten Erfolgen sturer werden und versuchen, „den Krieg bis zum siegreichen Ende zu führen und dabei Russland als Instrument nutzen“. Moskau müsste dem Experten zufolge begreifen, dass das Syrien-Problem selbst nach der möglichen Eroberung Aleppos durch die Regierungstruppen nicht gelöst werden könne. Ohne eine politische Regelung würden die Spannungen von außerhalb geschürt, und zwar seitens der westlichen Koalition und der Großmächte der Golfregion.

Ähnlich äußerte sich der Geschichtsprofessor Grigori Kossatsch von der Russischen staatlichen humanitären Universität. „Indem Russland Damaskus unterstützt, versucht es, ‚sein‘ Format der Friedensgespräche voranzubringen und die Kräfte, die ihm nicht gefallen, auszuschließen. Dabei werden aber offenbar nicht alle Nebeneffekte berücksichtigt. Die militärische Situation verändert sich tatsächlich, und das ist wohl ein Erfolg Russlands. Es kommt aber hart auf hart. Saudi-Arabien erwägt mittlerweile eine Bodenoffensive. Negativ für Russland sind auch solche Faktoren wie ein neuer Flüchtlingsansturm und der Zusammenschluss des Westens und der arabischen Welt gegen Russland.“

Foto: Syrien-Konflikt: Assads Erfolge mehren Kritik an Russland. © Sputnik/ Michael Alaeddin

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